Nach dem gemeinsamen Abendbrot hatten sie noch einmal zwei Stunden Freizeit. Am Abend, ab acht Uhr, sollte dann ein Tanzabend stattfinden.
Buddy Jensen hatte ein kleines tragbares Uher-Tonbandgerät dabei, das sie an die Musiktruhe im Gemeinschaftsraum anschließen konnten. Das hatten sie schon ausprobiert. Und das Tollste: der Jensen hatte Bänder dabei mit richtiger Musik. Ausschließlich Mitschnitte von Radio-Sendungen des NDR, also überwiegend Hitparaden-Musik. Aber topaktuell. Mit der Musik könnten sie locker einen ganzen Abend bestreiten. Mitgeteilt hatte er ihnen das schon am ersten Abend. Nachdem sich alle vorgestellt hatten, waren Anders und Jensen dran. Und als sie dann etwas über sich und das Programm ihrer gemeinsamen Zeit hier berichteten, rückte Jensen damit heraus, dass er Pop-Musik auch ganz toll fände. Sein Pastor-Kollege Anders übrigens auch. Auf die staunenden Blicke fast aller und offenen Münder einiger der Anwesenden hin meinte er, so alt seien sie ja nun nicht, dass sie nicht auch solche Musik interessieren könnte. Anders nickte bestätigend. Und in Sachen Anschlusskabel waren sie vorbereitet. Das probierten sie dann gleich aus. Und das erste Stück auf dem ersten Band, das Jensen einlegte, war
I Am A Rock
von Simon and Garfunkel gewesen. Nicht übel. Schöner Clinch-Song. Sie staunten alle nicht schlecht, als Jensen dann die Musiktruhe richtig aufdrehte, so dass man sich fast einbilden konnte, den Stereo-Effekt zu hören.
Das könnte also interessant werden heute Abend. John und er sollten einen kleinen Auftritt haben. So etwas kribbelte immer im Magen. Aber das war ein angenehmes Kribbeln. Er stand gerne auf der Bühne. Auch wenn es hier keine Bühne gab. Reines Vorfreude-Kribbeln also. Anders als die Bühnenangst bei der Vorstellungsrunde. Auf seinen Auftritt dort war er in den ersten zwei Tagen häufiger angesprochen worden. Wie es denn sein könne, dass ein so bühnenerfahrener Mann wie er so nervös war bei einer solchen Kinkerlitzchenangelegenheit. Ihm war da nichts Besseres als die Ausrede mit dem Verschlucken eingefallen. Ab dem dritten Tag dann kehrten die Heuwender-Ereignisse seinen ersten vergeigten Auftritt in den Hintergrund. Und heute am fünften Tag war das alles kein Thema mehr. Zu Anders und Jensen hatten sich diese
Ereignisse
nicht herumgesprochen. Wenigstens ließen die nicht erkennen, ob sie etwas wussten. Sie waren ihm gegenüber gleichbleibend freundlich. So wie zu ihnen allen. Schienen zwei ausgeglichene Typen zu sein. Nervenstark. Aber das musste man als Pastor wahrscheinlich eh sein. Als Leiter einer solchen Freizeit für Halberwachsene erst recht. Hieß ihre Altersgruppe in den Fünfzigerjahren nicht halbstark? Das würde er in der Öffentlichkeit zwar abstreiten, aber der Begriff bezeichnete den Zustand, um den es ging, korrekt.
Nach dem Abendbrot brachen sie zu viert auf. Sie wollten sich noch ein bisschen die Beine vertreten im Wald, hatten sie andere abgewimmelt. Genau genommen betrieben John und Carola das Abwimmel- und Vergrauelgeschäft. Die beiden suchten, sooft es ging, das Weite. Da hatte es schnell gefunkt. Was die wohl immer so trieben, wenn sie denn allein waren? Ihn hatten sie als Begleitung akzeptiert. Ihnen angeschlossen hatte sich Julia. Die hatte John durch sein brüskes Auftreten nicht verscheuchen können. Sie hatte darauf nur gemeint, wenn Carola und er allein sein wollten, könnten sie sich ja von ihnen beiden absetzen. Benno und sie hätten im Wald keine Angst, wenn sie denn allein wären. Dabei schaute sie ihn irgendwie neckisch an. Er nickte und in Richtung Carola und John zuckte er entschuldigend mit den Achseln. Eine doofe Geste eigentlich. Fast schon peinlich.
Die Julia war ihm noch gar nicht so recht aufgefallen. Aufgefallen schon, sie fiel allein durch ihre Körpergröße auf. Nicht ganz so groß wie er – er war inzwischen bei einsvierundneunzig angelangt, und sein Hausarzt hatte einmal zu ihm gesagt, da sei noch mehr drin –, aber an einsachtzig dürfte bei ihr nicht viel fehlen. Lange blonde Haare, braune Augen, gute Figur. Heute mit einem ziemlich kurzen Rock und halbhohen Pumps. Somit locker über einsachtzig. Aber keine dürre Bohnenstange, wie man das ja von Mädchen dieser Altersgruppe bei einer solchen Körpergröße kannte. Nee, eigentlich stimmte bei Julia alles. Aber sie kam gegen Manuela nicht an. Und gegen Marie-Anne auch nicht. Wiewohl die ja nur ganz kurzlebig in seiner Hitparade auftauchte. Typisches One-Hit-Wonder. Beobachten tat er die Manuela seit den Heuwender-Ereignissen ununterbrochen. Er bemühte sich, sie das nicht merken zu lassen. Und andere natürlich auch nicht. Und wenn er nicht auf Manuela konzentriert war, versuchte er mitzubekommen, was die Marie-Anne denn so gerade trieb und machte oder dachte.
Manuela konnte er überhaupt nicht ausrechnen. Er hatte mitunter das Gefühl, sie habe sich auf der Lichtung nur für ihn interessiert, um Marie-Anne zu ärgern. Oder um ihn scharf zu machen? Und dann nicht mehr zu beachten? So kam es ihm bisweilen vor. Obwohl sie während ihrer Knutscherei ja auch gesagt hatte, sie hätte schon von Anfang an ein Auge auf ihn geworfen? Was da stimmte, wusste er nicht. Allein waren sie seitdem nicht wieder unterwegs gewesen. Und heute war schon Donnerstag. Sie legte es nicht darauf an, mit ihm allein zu sein. Und er wollte abwarten. Er befürchtete, dass er ihr nicht trauen könnte. Ob diese Annahme berechtigt war, wusste er nicht. So hielt er sich zurück.
Nach kurzer Zeit verabschiedeten sich Carola und John von ihnen beiden. „Wir schlagen uns mal in die Büsche. Bis um acht denn. Und, Benno, bleib’ locker, wir sollen heute noch spielen.“ Dabei sah John Julia an. Carola griff John bei der Hand und trällerte ein fröhliches „Tschüß, ihr beiden Süßen!“, und sie bogen vom Hauptweg ab auf einen kleinen Pfad, der uneinsehbar hinter Büschen verschwand. Vielleicht hatten die beiden den Pfad gebahnt? So oft wie die sich verdrückten?
So war er, noch schneller als gedacht, mit Julia allein. Also Konversation. Nicht gerade seine Stärke.
„Sag’ mal, Benno. Darf ich dich etwas fragen?“
Sie blieb stehen und sah ihn an.
„Klar, Julia. Alles, was du willst.“
Er war gespannt, was nun kommen würde.
„Glaubst du, die beiden schlafen immer miteinander, wenn die sich absetzen?“
Er hatte das Gefühl, sein Kopf sei augenblicklich rot geworden. Eine so direkte Frage hatte er nicht erwartet. Ja, schliefen die beiden miteinander? Er hatte John noch nicht gefragt, obwohl sie hier ja zusammen wohnten und vor dem Einschlafen schon noch des Öfteren die Tage Revue passieren ließen. Aber John hatte nichts gesagt. Und er hatte nicht gefragt. Konnte man so etwas fragen? Julia konnte.
„Weißt du, ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Darüber sprechen wir nicht. Obwohl wir uns ziemlich lange kennen.“ Er sah sie an. Sein Kopf beruhigte sich. Das Blut verteilte sich wieder. „Ich könnte es mir vorstellen. Was meinst du?“
„Ja, ich denke auch. Die beiden sind sehr vertraut miteinander. Nicht dass man das nicht auch ohne miteinander zu schlafen sein könnte. Aber ich habe das so im Gefühl.“
Sie überlegte einen Augenblick.
„Die beiden strahlen so etwas aus, so ein Einverständnis, eine Nähe“, und nach einer kleinen Pause, „ja, ich glaube, die beiden schlafen miteinander. Und ich glaube, dass sie das ziemlich schnell gemacht haben. Ab Sonntag hatte ich das Gefühl, sie gingen miteinander – oder wie sagt man? –, und eigentlich hatte ich auch sofort das Gefühl, sie hätten mehr miteinander.“
Sie sah ihn wieder an.
„Was meinst du?“
Sie beobachtete ihre Mitmenschen offenbar sehr genau, die Julia.
„Ja, du könntest Recht haben. Nee, du hast wohl Recht. Das hast du gut beobachtet. Und gut beschrieben.“
Er schaute auf seine Uhr. Halb sieben. War er nervös? Na klar! Irgendwie ein heikles Thema, was sie da ansprach. Als er sich noch Gedanken machte, wie er die Konversation starten sollte, packte sie die Dinge auf den Tisch.
Er fragte sie: „Warum interessiert dich das?“
Als sie nicht sofort antwortete, meinte er, sie könnten ja weitergehen. Reden ließe sich doch auch im Gehen. Sie nickte.
Aber sie antwortete nicht.
„Darf ich dich noch etwas fragen? Ohne dass du mir böse bist?“
Was denn jetzt noch?
„Klar. Was bedrückt dich noch?“
Warum diese Ironie?
„Pardon, Julia. Hab’ ich gar nicht so gemeint. Klar kannst du fragen. Wir sind allein. Ich erzähle nichts weiter. Versprochen.“
„Hast du schon einmal mit einem Mädchen geschlafen? Oder mit einer Frau?“
Er blieb abrupt stehen und stolperte fast. Und hatte das Gefühl, seine Sinne schwänden. Die war ja gut, die Julia! Was sollte er da denn sagen?
„Nee, ganz ehrlich. Habe ich noch nicht. Petting, ja. Aber Beischlaf, nein.“
Er war erstaunt. Welcher Teufel ritt ihn da? Er kannte die Julia doch gar nicht. Oder vielleicht gerade deswegen?
„Und du? Hast du schon einmal mit einem Jungen geschlafen? Oder mit einem Mann?“
Wenn sie eine zweite Frage stellen durfte, dann er doch wohl auch.
„Nein. Ebenfalls ganz ehrlich. Nein, habe ich noch nicht.“
Sie schaute ihn jetzt direkt an.
„Am ersten Abend, bei unserer Vorstellungsrunde, habe ich mir alle Jungs genau angesehen. Genau
daraufhin,
verstehst du? Und genau zugehört, was die so zu sagen hatten. Das interessiert mich halt, wie weit die anderen so sind.“
Sie gingen weiter.
„Bei dir – trotz deines etwas verunglückten Einstiegs, da warst du ganz süß, wie du da versucht hast, die Kurve zu kriegen – und bei Sven Philipp, vielleicht noch bei Kalle, dachte ich, die könnten schon einmal etwas mit Mädchen gehabt haben. Bei den Mädchen hatte ich eigentlich nur Manuela auf der Rechnung, dass die schon einmal etwas mit Jungs gehabt hat.“
Sie blieb wieder stehen.
„Und was hattest du da für einen Eindruck?“
Er konnte ihr unmöglich sagen, dass er sie eher gar nicht auf der Rechnung hatte. Ja, dass er sie überhaupt erst mit zeitlicher Verzögerung wahrgenommen hatte. Wenn man das denn einmal so formulieren wollte. Schonend sozusagen.
„Mir ist aufgefallen, dass du eine sehr schöne Frau bist.“ Das stimmte sogar, wenn auch nicht gleich von Anfang an. „Ob du schon etwas mit Jungs hattest, wie soll ich sagen, das waren irgendwie gar nicht meine Kategorien bei unserer Vorstellung. Ich habe mir unsere Gruppe – wenn ich ganz ehrlich bin – besonders darauf hin angeschaut, ob jemand eine lässige Vorstellung – so möchte ich das einmal nennen – hinbekommt. Was bei mir ja voll in die Hose gegangen ist.“
Er nahm, ohne dass er nachdachte und sagen konnte, wie er sich das trauen konnte, ihre Hand, was sie geschehen ließ. Und sie gingen weiter.
„Ich glaube, dass du da Recht hast mit Manuela. Die macht einen erfahrenen Eindruck. Es hat sich ja wahrscheinlich inzwischen herumgesprochen, dass ich das so ein klein wenig beurteilen kann. Aber miteinander geschlafen haben wir nicht.“
Was ja nun ein unsinniger Satz war. Er hatte ja gerade erst vor einigen Minuten gestanden, dass er noch ohne Beischlaferfahrungen war. Aber irgendwie war das hier alles eine sehr aufregende Nummer. Die Julia, die bisher einen so ruhigen, überlegten Eindruck machte, kam hier voll aus sich heraus.
Für die abendliche Natur hatte er bisher noch gar keine Zeit gehabt, obwohl richtig was los war. Ein unglaubliches Vogelkonzert. Die konnte man gar nicht alle auseinanderhalten, die Piepmätze. Und riechen tat es auch ganz toll. Richtig intensiv nach Wald. Und die Baumkronen rauschten sacht. Es war – bei tiefstehender Sonne, die sie im Rücken hatten – fast windstill, aber ganz ruhig blieben die Bäume nicht.
Was die sich wohl dachten angesichts dieses besonderen Pärchens, was sich in ihrer Mitte einige Wahrheiten sagte. Ob die wohl wussten, wie’s weiterging? Weil sie solche oder ähnliche Szenen schon häufig mitbekommen hatten?
Was für’n Unsinn. Bäume dachten nichts. So hörte man wenigstens. Aber wie ging es mit ihnen weiter? Das war ja schon mal eine gute Frage. Ob die Julia darauf eine Antwort hatte? Hatte sie einen Plan für dieses Gespräch?
„Benno, kann ich dir noch eine Frage stellen?“
Sie drückte seine Hand fester, ging konzentriert geradeaus, sah ihn nicht an.
„Würdest du mit mir schlafen?“
Noch immer sah sie ihn nicht an, sondern ging weiter.
Er war erregt. Und ganz ruhig. Und ging auch weiter. Hielt sie fest an der Hand. Jetzt nur keinen Unsinn reden! Keine Ironie! Nicht zu lange warten mit der Antwort! Eine solche Frage!
„Julia, lege meine Worte bitte nicht auf die Goldwaage. Aber eine solche Frage hat mir noch nie ein Mädchen gestellt.“ Und wie jetzt weiter?
„Ja, Julia! Ja, sehr gerne!“ Na, es ging doch.
Jetzt blieb er stehen, sie auch. Sie drehten sich zueinander. Und fassten sich an beiden Händen.
Die Bäume rauschten lauter als eben. Oder war das sein Blut, das gerade nicht so recht wusste, wohin? Eher nach oben? Oder doch schon nach unten?
„Julia, sehr, sehr gerne. Das klingt so banal. Aber ich weiß nicht, wie ich das anders, ernster, nachdrücklicher – oder weiß der Teufel, wie man das formuliert – sagen soll. Ja, das wäre toll.“
Und er überlegte kurz: „Ich finde dich toll.“
Er drückte ihre Hände.
„Du bist eine schöne Frau.“
„Ich finde dich auch toll, Benno. Und dein Bart – du lässt ihn seit kurzem wachsen? – lässt dich richtig männlich aussehen. Pardon,
noch
männlicher.“
Er lachte. Das hatte sie schön gesagt. Außerdem war sie die erste, die das wahrgenommen und dann auch ausgesprochen hatte. Es war ja vielleicht auch noch nicht so richtig viel zu sehen. Aber an Oberlippe und Kinn spross es schon ganz kräftig. Fand er wenigstens.
Wie wenn sie es verabredet hätten, drehten sie sich wieder um und gingen weiter. War’s das jetzt gewesen? Frage gestellt – richtige Antwort erhalten – und das war’s?
„Kann ich dir noch eine Frage stellen?“
Aha, doch noch nicht zu Ende. Was jetzt wohl kam?
„Wollen wir gleich hier miteinander schlafen?“
Er hörte nur noch seinen Puls. Alles andere in diesem Wald und auf dieser Welt war ausgeblendet. Weg!
Wie zur Bekräftigung ihrer Frage fügte sie noch hinzu: „Ich hab’ kein Höschen an.“
Keine Frage, eine Feststellung.
Sie drückte seine Hand, blieb wieder stehen und sah ihn fragend an.
Seine Stimme würde jetzt garantiert versagen, also nickte er nur. Und schlucken musste er.
Auf dieses Zeichen schien sie gewartet zu haben. Sie drehte sich zur Seite, sah suchend in das den Weg säumende Unterholz und zog ihn zu einer Stelle, die ihr geeignet schien, um den Weg zu verlassen.
„
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
“Beach Boys, Catch A Wave, Sep63US: Die Surf-Jungs mahnen, keine Angst zu haben; der denkbar größte Sport überhaupt werde über kurz oder lang von jedem probiert. Man muss allerdings feststellen, dass die Beach Boys die Sache irgendwie „sportlicher“ sehen.
Die Beach Boys hatten da an etwas Anderes gedacht, aber ihm schoss diese Textzeile durch den Kopf, als sie abseits des Weges jetzt nach einer geeigneten Stelle suchten. Wie fand man im Wald eine
geeignete Stelle?
Er kannte sich da schließlich nicht aus. Aber sie ja immerhin auch nicht. Also musste er sich nicht schämen, dass er hier nicht die
männliche Führung
übernehmen konnte. Erwartete sie die überhaupt?
„Hier ist schön viel Moos. Und der Boden ist eben. Was meinst du? Wollen wir das hier mal versuchen?“
Er war sehr unsicher, wie er sich überhaupt verhalten sollte. Was sollte er jetzt machen? Sich sofort ausziehen? Sie zuerst ausziehen? Und wenn sein kleiner Kumpel jetzt gar nicht aufgelegt war? Der war doch bestimmt genau so aufgeregt wie er?
Sie setzte sich hin, probierte auch sofort, sich hinzulegen, fand es etwas hart, hatte dann aber die Idee,
er
solle sich doch einmal hinlegen.
„Wie findest du das? Kannst du das aushalten?“
Er nickte. Und schluckte trocken. Nervös, wie er war.
„Hast du ein Taschentuch dabei? Es wird vielleicht ein bisschen bluten gleich. Ich habe ein Paket Tempos dabei. Vorsichtshalber eingesteckt, bevor wir losgingen“, lachte sie ihn an.
Sie erweckte den Eindruck, dass sie sehr planvoll vorging und sich schon im Vorhinein einiges überlegt hatte. Hatte sie es jetzt auf ihn abgesehen? Oder nur auf das erste Mal, egal mit wem? Das waren jetzt keine guten Gedanken. Die störten eindeutig den natürlichen Ablauf der Dinge. Oder wie sollte man das nennen?
Wenn er unten liegen bleiben sollte, dann müsste er jetzt noch einmal mit seinem Hintern hochkommen, um seine Schuhe auszuziehen und die Hose abzustreifen. Er öffnete seinen Gürtel, schob die Hose in Richtung Knie. Sie half ihm und zog die Hose über seine Füße.
„Vielleicht legst du dich auf deine Hose?“
Was er sofort machte. Hart war’s trotzdem. Sein kleiner Kumpel hatte immerhin keine Bühnenangst. Diese Furcht war unberechtigt gewesen. Sah man jetzt, da er nur noch seinen Slip anhatte, deutlich. Als sie das sah, lachte sie wieder. Was ihn aber gar nicht störte. Sie lachte ihn nicht aus. Sie öffnete an ihrem Rock den Reißverschluss, ließ ihn fallen und stieg aus seinem Kreis heraus. Ihre Pumps behielt sie an. Ihr T-Shirt leider auch.
„Julia, du siehst toll aus. Auch so. Nee, ganz besonders so, wie du jetzt bist.“
Nachdem er sich seinen Slip ausgezogen hatte, kniete sie sich über ihn, so dass sein Glied sie berührte. Und sein ganzer Körper fühlte sich elektrisch an. Jetzt küssten sie sich das erste Mal. Das machte sie nicht das erste Mal. Aber er ja auch nicht. Ihre Küsse und ihre Berührung erregten ihn. Hoffentlich war nicht alles in einer Sekunde vorbei, weil er sich nicht beherrschen könnte.
Sie nahm sein Glied in ihre Hände und führte es an ihre Scham.
War das jetzt das Vorspiel? Oder würden sie es bei dem rhetorischen Vorspiel belassen?
„Jetzt musst du vorsichtig und bestimmt sein. Beides zugleich.“ Sie sah ihn ganz ernst an.
Dann setzte sie sich. Also blieb es beim rhetorischen Vorspiel.
Er wollte schreien, traute sich aber nicht. Ein Stöhnen konnte er nicht unterdrücken. Der Widerstand war dann kleiner als befürchtet. Sie zuckte. Dann passte alles zusammen. Und sie bewegten sich. Ein Kribbeln durchfuhr ihn, seinen ganzen Körper einmal ’rauf und wieder ’runter. Wie wenn sich sämtliche Haare aufrichteten und sich überall eine Gänsehaut bildete. Und bei ihrer nächsten Bewegung war es passiert.
„
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
“Beach Boys, Catch A Wave, s.o.: Und, weil’s so schön ist, noch einmal dieselbe Combo mit demselben Song: Man werde sich wie auf dem höchsten Gipfel fühlen. Offensichtlich auch beim Surfen.
Von seinem kleinen Kumpel ins Gehirn und wieder zurück und wieder ins Gehirn und überallhin. Sie lachte und bewegte sich noch einen Augenblick und legte sich dann ganz behutsam auf ihn.
Sie hörten ihren Atem, ihren Puls. Und den Wald, der jetzt still und andachtsvoll zuschaute.
„Hast du überhaupt etwas gemerkt, Julia? Ich meine außer den Schmerzen zu Beginn?“
„Benno, es war wunderschön. Aber das kriegen wir noch besser hin. Glaub’ mir!“
Ein Versprechen?
Sie blieben eine ganze Weile so liegen. Atmeten im Takt. Ihr Atem kitzelte ihn im Ohr. Aber es war ein angenehmes Kitzeln.
„Du hast da so eine komische Stelle am Hals?“
Und bevor ihm eine Antwort einfiel, biss sie ihm ins Ohr. War das üblich, Wundmale zu setzen? Dann küsste sie ihn. Was eben so schnell zu Ende gegangen war, führten sie nun ausdauernder fort.
Als sie einmal Luft holen mussten, schaute er auf die Uhr.
„Julia, es ist schon halb acht durch. Wenn wir nicht auffällig zu spät kommen wollen, müssten wir uns langsam fertig machen.“
„Benno, ich könnte hier auf dir liegen bleiben. Aber du hast Recht.“
Als sie sich von ihm löste, floss doch eine ganz schöne Menge Flüssigkeit auf seinen Bauch. Rot und milchig und warm. Sie hatte die Tempos parat. Offensichtlich neben sich gelegt, bevor sie gestartet hatten. Sie dachte an alles. Die Packung verbrauchte sie, und er fühlte sich trotzdem noch recht klebrig. Aus der Seitentasche ihres Rocks, den sie jetzt wieder anzog, fummelte sie ein ganz süßes kleines blütenbesticktes Höschen hervor und zog auch das an.
Er stand auf, zog Slip, Hose und Schuhe an, schloss den Gürtel, nahm die Tempos und vergrub sie unter einigen Lagen Moos, auf die er – als natürliche Tarnung sozusagen – noch einige Zweige legte. Sie lachten, als sie sich diesen kleinen Hügel ansahen.
„Venushügel, könnten wir diese Erhebung nennen. Was meinst du? Eine passende Flurbezeichnung?
„Stimmt. Nicht schlecht. Deiner ist da allerdings um einiges süßer. Aber nun komm’. Es müssen nicht alle sofort mitkriegen, was los ist mit uns.“ Er sah sie an. „Obwohl man uns bestimmt alles ansehen kann.“
„Wirklich alles, Benno?“
„Alles, Julia!“