„Wake up, boys! Wake up, girls! This is AFN-Heidelberg again. Our today’s alternative music-program with
The Electric Prunes
.
Listen carefully! And wake up! Slowly! They’ll get you to the world on time.“
Heute war er der erste. Selbst Mareikes Mannschaft war noch nicht unterwegs. Es war kurz nach sechs. Das Radio hatte er ganz leise gestellt. Er wollte niemanden stören. Aber in aller Ruhe noch einmal diese sagenhafte Radio-Station hören. Ungestört und ein letztes Mal. Für längere Zeit ja höchstwahrscheinlich.
AFN gehört hatten Siggi und er gestern und vorgestern noch recht intensiv. Mit einer ganzen Reihe weiterer wundervoller Erstbegegnungen. An diesem „bemerkenswerten Ort mit Musik“. Dass der Edsel eine noch intakte Batterie hatte, war wirklich toll.
Gewesen.
Musste er jetzt leider sagen.
Diesen Song kannte er nicht. Eine weitere Erstbegegnung. Noch nicht einmal die Combo kannte er. Aber das ging richtig los. Guter Beat. Schön hart. Das knallte gut rein und machte wach.
Und erinnerte unweigerlich an die Tatsache, dass heute die Abreise anstand.
Scheiße! Scheiße! Scheiße!
Das war wirklich eine elende Scheiße!
Ende des so ganz anderen Lebens im Vergleich mit seinen heimatlichen Verhältnissen.
Heimatlich – was meinte eigentlich
heimatlich
?
Wirkliche heimatliche Verhältnisse gab es doch bisher für ihn noch gar nicht richtig, so hatte er mitunter das Gefühl. Und wenigstens das war durch diese vierzehn Tage deutlich geworden. Diese Zeit hier machte deutlich, wie das aussehen könnte.
Was meinte er da jetzt eigentlich mit
das
?
Diese letzten vierzehn Tage waren ihm eher heimatlich vorgekommen als sein Zuhause. Dolle Erkenntnis. Obwohl das den Heimat-Begriff noch nicht klärte. In der Heimat war er wohl noch nicht angekommen. Weder zu Hause, aber hier eigentlich auch nicht. Obwohl hier schon das Gegenprogramm zu den „heimatlichen Verhältnissen“ in seinem Elternhaus stattgefunden hatte. Das Ausprobieren-Dürfen. Und – noch wichtiger – das Können! Gegenwelt hatte er das ja neulich genannt. Also Gegenwelt als Heimat? Könnte wohl sein.
Heimat ließ sich aber wohl nicht nur durch einen Landstrich definieren. Da gehörte doch mehr dazu als eine bestimmte geographische Region. Sicherlich auch noch bestimmte Personen. Eltern standen da wohl an erster Stelle, mindestens weit vorne, aber nicht alle Eltern waren durchweg hilfreich. Geschwister? Ja, sein Bruder ganz bestimmt. Freunde? Sicher, aber da müsste er überlegen, wen er da unverzichtbar fände, wer für ihn Heimat darstellte. Wolle? Oder John?
Musik würde er auch unverzichtbar finden. Noch vor der geographischen Frage? Ja, unbedingt. Musik trug ihn doch häufig. Melodien und Texte, auch Erfahrungen beim Hören. Die Nacht mit She’d Rather Be With Me zum Beispiel. Oder die gute Zeit mit den Good Times. Die Lovin’ Spoonful ja wohl sowieso und überhaupt und insgesamt! Literatur auch? Ja, eigentlich auch unbedingt. Der kleine Vers im Wald, als er mit der Siggi vor drei Tagen zum Edsel unterwegs gewesen war. Name und Autor fielen ihm noch immer nicht ein. Er müsste wohl tatsächlich etwas konzentrierter und auch zielgerichteter durch die Welt gehen. Oder der Novalis auf dem Heiliggeist-Kirchturm. Auch den Text, obwohl wirklich kurz, bekam er jetzt noch immer nicht zusammen. Um zwei Verse allerdings war er inzwischen vorangekommen:
„Wenn sich die Welt ins freie Leben/Und in die Welt wird zurück begeben.“
Novalis, Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren, s.o.
Immerhin zwei weitere Verse. Also für’s neue Jahr – noch gerade rechtzeitig – ein guter Vorsatz: Konzentration auf Wesentliches? Ja, so könnte man das nennen.
Diese beiden Texte im Zusammenhang mit seinen Erlebnissen, das würde er doch wahrscheinlich nie vergessen. Das band doch Gefühle ganz stark, zum Beispiel an die Person, also an Siggi, an den Wald, an die Stadt Heidelberg, an sein Abenteuer auf dem Turm.
Und diese beiden weiteren Novalis-Verse – mehr so aus der Mitte des Gedichts – hatten es doch wirklich in sich. Das war doch geradezu visionär – oder wie nannte man das? –, was dem Novalis da eingefallen war: Das freie Leben als Maßstab für die Welt. Das könnte das doch bedeuten?
Musik und Literatur, ganz besonders aber die Musik als Lebens- und Zukunftsversprechen. Das war doch schon einmal klar.
Aber auch so war Heimat noch immer nicht gefasst. Gerüche? Klar, der Heu-Geruch auf der Lichtung zum Beispiel – ganz am Anfang war das ja gewesen –, der ihn an Ferienaufenthalte bei seinen Großeltern erinnert hatte. Die süße, satte Schwere dieses Duftes. Oder noch beeindruckender der ebenfalls schwere, geradezu benebelnde Duft blühender Rapsfelder. In der Feldmark um Walldorf hatte er eigentlich noch nie Rapsfelder wahrgenommen. Vielleicht sein Fehler. Oder – auch das eher ein Duft – der Geruch des frischen Strohs nach dem Dreschen. Gerüche also ganz bestimmt.
Die Sprüche seiner Oma, meistens abgeschlossen durch ein liebevolles mien Jung oder auch mien leewe Jung. Einmal hatte sie sich mit ihm hingesetzt und ihm plattdeutsche Ausdrücke für verschiedenste Menschentypen beigebracht. Einige hatte er sich merken können. Und er musste schmunzeln, wenn er an diese spezielle Lehrstunde zurückdachte: Doesbattel, Quarkbüdel, Schietbüdel, Tünbüdel, Blarrtrien, Sabbeltrien, Schnackfatt, Puttenkieker, Leckertähn, Hekeltähn, Morskruper, Puttfarken, Fuuljack, Bangbüx und und und. Es waren noch viel mehr eigentümliche Vokabeln gewesen. Sie hörte gar nicht wieder auf. Je länger sie aufzählte, desto mehr mussten sie lachen. Und als sie fertig war und sie sich wieder beruhigt hatten, meinte sie: „Nu reckt dat, mien Jung, nu mut ick kaaken. Weetst ja, de Mahltied is de beste Tied. Vundaag gifft dat Rabbelnasch. Mugst miteten?“ Die Vokabel kannte er damals schon. Rabbelnasch bedeutete, wenn es sich aufs Essen bezog, so viel wie „Allerlei“ oder „buntes Durcheinander“. Bei aller Liebe zu ihr, wenn sie „Allerlei“ auf den Tisch brachte, war er doch eher skeptisch. Meistens handelte es sich dann um ein Resteessen. Wildwestwochenübersicht. Aber er biss dann die Zähne zusammen. Das heißt, ab und zu musste er sie dann ja doch wieder öffnen. Wenn denn serviert war.
Sie war Heimat für ihn. Hoffentlich lebte sie noch recht lange.
Aber auch ihr Angeliter Platt hatte etwas mit Heimat zu tun. Das war schon eher eine Melodie, obwohl es doch eine gesprochene Sprache war.
Damit dann vielleicht auch ihr Rabbelnasch? Ja doch, musste er sich wohl eingestehen.
In Heimat musste man sich doch wahrscheinlich zu Hause fühlen. Geborgen. Vielleicht war das Novalis’
freies Leben
? Sich wohlfühlen und geborgen sein in der Welt?
Darüber hatte er doch schon einmal nachgedacht in den letzten zwei Wochen? Geborgenheit und Offenheit waren da die Stichwörter gewesen. Geborgenheit
wegen
und auch
trotz
Offenheit, so hatte er das da genannt. Vielleicht war’s das? Und Offenheit hatte es hier gegeben. So würde er sich höchstwahrscheinlich sehr lange an diese Zeit hier erinnern. Da war eine besondere Bindung hergestellt. Die vierzehn Tage hier hatten Anders und Jensen toll hinbekommen. Ob er ihnen das zum Abschied sagen sollte?
Ob diese Erfahrungen Rettungsanker für die vor ihm liegenden zwei Jahre sein könnten? Sozusagen ein in die Zukunft geworfener Rettungsanker. Für die dann höchstwahrscheinlich anstehenden anderthalb Jahre beim Bund hatte er allerdings noch überhaupt keinen Plan. Ein riesengroßer schwarzer Abgrund. Das war noch nicht abzusehen, wie der verletzungsfrei zu bewältigen sein könnte. Da ginge es bestimmt weder geborgen noch offen zu. Und ob dort die Musik als Rettung taugen würde?
Aber zurück in die Gegenwart. Noch etwas stand fest: Unglaublich viel war geschehen. Nicht nur, dass er das erste Mal etwas mit einer Frau gehabt hatte. Und dann auch noch gleich das zweite Mal. Und das dritte Mal dann auch noch gleich. Nee, verliebt hatte er sich auch noch. Und zwar nicht in die erste. Die hatte ihn ja fast kalt gelassen. Auch nicht in die zweite. Und da war es nun wirklich nicht mehr kalt zugegangen. Mondlichtperlen waren da das Stichwort. Das würde er bestimmt auch nie in seinem Leben vergessen. Nee, verliebt hatte er sich in die dritte. Und die war eigentlich – wenn er das so Revue passieren ließ – seine erste gewesen. Nicht vom ersten Moment an. Das musste er wohl zugeben. Da war die zweite die erste gewesen. Aber schon einige Stunden später – in der Vorstellungsrunde des ersten Abends – hatte es ihn irgendwie erwischt. Und das hatte sich dann so suutje-puutje – so hätte seine Oma das gesagt – in sein Bewusstsein geschlichen.
Die Siggi.
Die Sigrid?
Nee, die Siggi.
Da hatte sie schon Recht. Das klang besser. Hatte sie ja sofort am ersten Abend festgestellt. Für sich bestimmt schon früher, für alle Anwesenden aber gleich zu Beginn.
Verliebt hatte er sich schon vor diesen vierzehn Tagen. Diverse Male. Aber es hatte ihn noch nie
so
erwischt. Sein Bauch hatte noch nie vorher so eindeutige Signale gegeben, Strahlen ausgesandt. Wildes Entzücken kannte er schon vorher. Aber dass das so ’reinknallte, das war neu. Das brachte einen ja fast um den Verstand.
Also: Wie sollte er ohne Siggi leben? Und das war ja sehr bald angesagt. Heute Abend um sieben Uhr sollte er in Walldorf einlaufen. Zusammen mit John. Der wäre dann – neben allen Gänseblümchen und Gemeinen Wegwarten dieser Welt – sein Erinnerungsmerkmal an die schöne Zeit hier, die mittels dieser – ja, wie sollte man das jetzt nennen?, mittels dieser Zeichen?, ja, das passte wohl – die mittels dieser Zeichen in die trübere Wirklichkeit hineinragen würden.
Siggis Dorf lag aber doch auf keinem anderen Planeten. Die Entfernung war doch wohl zu überwinden. Ein Hoffnungsschimmer.
„And now for something completely different: The Velvet Underground’s
Femme Fatale
.
And once again: Listen carefully! Actually it’s Nico who makes this song this irresistible. There we go!“
Wirklich completely different. Da hatte Warhol schon eine dolle Entdeckung gemacht. Nico konnte nicht singen. Ganz bestimmt nicht. Sie lag irgendwie immer haarscharf daneben. Aber die Songs bei den Velvet Underground, in denen sie für den Vocal-Part zuständig war, hatten so etwas Irritierend-Schwebendes. Das gab gerade diesen Stücken eine ganz besondere Note. Im Prinzip war ihre Stimme unwiderstehlich. Zerbrechlich und zart und trotzdem irgendwie präzise.
Trotz
der Schrägheit. Oder
wegen
der Schrägheit?„Hallo, Benno“, Sven Philipp war also auch schon zu früh auf den Beinen, „was machst du denn so früh hier? Lass’ mich raten: Abschiedsschmerz zum ersten. Und den möchtest du gefälligst allein auskosten. Und noch einmal AFN hören zum zweiten?“
„Hi, Sergeant. Du triffst den Nagel auf den Kopf. Und du?“
„Irgendwie wohl ähnlich, würd’ ich sagen. Hab’ mich schwer verliebt. Jot ist da ja das Stichwort. Und heute Abend soll nun Schluss sein. Und die Zugfahrt wird schon nicht mehr so prickelnd werden.“
Sven Philipp reichte ihm seine erste fertig gedrehte Aktive, so dass er nur das Klebegeschäft zu übernehmen brauchte.
„Um es auf den Punkt zu bringen, Benno: Ich lache, weil ich weinen muss.“
Er begann mit der zweiten Zigarette.
„Vielleicht können wir uns ja mal in den Speisewagen absetzen? Wenn der Express denn einen hat. Aber auf der Hinfahrt gab’s so etwas, wenn ich das recht erinnere. Ist ja schon vor Ewigkeiten gewesen. Obwohl das erst vierzehn Tage her ist. Unglaublich, was da alles passiert ist.“
Nachdem er ebenfalls geklebt hatte, gaben sie sich gegenseitig Feuer. Auch wenn es die Nichtraucher sicherlich stören würde, in einen verqualmten Frühstücksraum zu kommen. Ab heute mussten die das dann ja nicht mehr ertragen.
Der AFN-Soldat kündigte die jüngste Marriott-Lane-Scheibe an: „Now be quiet and listen to the second verse:
‚
.
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
‘Small Faces, Itchycoo Park, Aug67UK: Marriott/Lane kennen sich aus. Sie geben ihren Fans den Rat, sie könnten ruhig die Schule schwänzen. Denn was solle man dort schon groß lernen? Nur dummes Zeug von Schwätzern. Diesen Tipp hätte man natürlich wirklich etwas früher bekommen müssen. Das wird der amerikanische Soldat gleich treffend formulieren. Und der Sergeant will dem Ratschlag nach den Ferien offensichtlich Folge leisten.
We should have known that ten years ago, shouldn’t we?“
Über Itchycoo Park hatte er auch im
NME
NME, August 5, 1967, No. 1073, Titel und S. 4
etwas gelesen, aber er konnte sich nicht mehr erinnern. Es müsste in der Ausgabe vom 5. August gewesen sein. Den hatte er oben liegen. Schon eingepackt. Aber war eigentlich auch unwichtig, was die da schrieben. Könnte er zu Hause nachlesen. Der amerikanische Soldat hatte die wesentlichen Zeilen ja offensichtlich zitiert. Die Titelseite der NME-Ausgabe zierte ein Bild des Itchycoo Parks. Vier Steppkes trugen da ein auf dem Kopf stehendes Schild mit der Aufschrift Itchycoo Park. Konnte ja aber auch woanders aufgenommen worden sein. Wusste man ja nicht. Müsste er mal hinfahren.
„Gute Idee mit dem Speisewagen. Da könnten wir etwas ungestörter Abschied nehmen. Und vielleicht schon die Zukunft planen?“
„Stimmt, Benno, wir sollten uns nicht aus den Augen verlieren. Auch wenn ich wirklich wild entschlossen bin, demnächst die Schule Schule sein zu lassen. Marriott und Lane haben ja grünes Licht gegeben. Eindeutig. Und das sind doch vernünftige Leute.“
Er grinste.
„Ich habe den Song schon mal gehört. Da gibt es noch eine weitere scharfe Textzeile.
„
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XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
“Small Faces, Itchycoo Park, Aug67UK: Auch hier landen Marriott/Lane wieder einen Volltreffer. Man sollte doch häufiger gut drauf sein und seine Träume wahr machen. Also z.B. mal den Himmel kitzeln. Der Sergeant hat gut aufgepasst. Ein bemerkenswerter Satz.
Achte mal drauf. Ich glaube, dafür sollte man häufiger sorgen, dass man mal den Himmel berührt. Das kann ja doch auf recht unterschiedliche Arten und Weisen geschehen.“
„Exakt, Sergeant. Und das ist genau das, was meine Eltern fürchten. Am besten fänden sie es, wenn ich noch nicht einmal studierte. In Walldorf die Leiter der bürgerlichen Ehren hochklettern, mittlere Beamtenlaufbahn in der örtlichen Stadtverwaltung, da kann man doch auch glücklich werden. So oder so ähnlich haben die sich schon öfter geäußert, wenn sie denn mitbekommen haben, dass ich da in irgendeiner Weise durch meinen Bruder infiziert bin und ihm dann nacheifere mit Studium und so.“
Sie zogen ihre beiden Stühle an die Fensterfront, die auf die Terrasse, in den Ort, in das Tal hinausschaute. Und so den Blick öffnete.
Bevor Sven Philipp sich hinsetzte, fragte er: „Kann ich dir einmal etwas vorlesen?“
Jetzt fiel ihm erst auf, dass Sven Philipp ein Buch dabeihatte. Ein Taschenbuch, das er aus seiner Hosentasche zog. Sehr gebraucht sah es aus. Die Buchdeckel hatte er schon weggelesen.
„Ist auf Englisch, aber ich denke, du wirst das verstehen. Nicht nur sprachlich.“
Er schlug das Buch an der Stelle, an der ein Lesezeichen herausragte, auf.
„
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
“
Jack Kerouac, On The Road, Signet Book, 1955/1957, S. 11: Schöner, als der Jack das formuliert hat, kann man das eigentlich gar nicht sagen. Es geht dort um die grundsätzliche Zukunftsgewissheit von Sal Paradise, dem Erzähler in Kerouacs Roman. Und damit natürlich auch, sonst hätte der Sergeant die Stelle sicher nicht zitiert, um die Zukunftsgewissheit der beiden, die hier ihren Abschied feiern. Aber eigentlich aller in dieser Geschichte Beteiligten. (Auch wenn sie sich leider nicht für alle einlösen lassen wird.) – Wer den Satz im Original nachlesen mag: Kerouac äußert ihn im letzten Absatz des ersten Kapitels.
Er sah auf.
„Macht doch Mut, oder was findest du?“
Er nickte nur.
Als der AFN-Soldat die Procol Harum mit ihrem
Whiter Shade Of Pale
ankündigte, sahen sie sich nur an und lachten. Der Text war kompliziert, so viel war klar. Eine Textzeile lautete
„
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
“Procol Harum, A Whiter Shade Of Pale, May67UK: Gary Brooker, Matthew Fisher und die anderen sind immer schwer verständlich, das sieht Benno absolut richtig. Obwohl man hier vielleicht sagen könnte – in Fortführung des Marriott/Lane-Ratschlags –, dass, wenn man denn gut drauf ist, der ganze Raum heftig zu brummen anfängt und dann irgendwann logischerweise auch die Decke wegfliegt. Und man den Himmel berührt. Da treffen sich dann Small Faces, Procol Harum, manch andere … und vielleicht auch der Sergeant und die Julia, die Siggi und Benno und all die anderen aus dieser kleinen Geschichte. Und wenn’s ganz toll kommt, treffen wir uns alle dort.
Und das war ja nun wohl eindeutig zu verstehen. Den ganzen Rest hatte er noch nicht gepeilt. Keine Chance.
Ein Drogenrausch? Hohe Literatur? Oder einfach nur Nonsens?
Wahrscheinlich war der Text sowieso überhaupt nicht zu verstehen. Wenigstens nicht für sie beide. Vielleicht sogar für niemanden.
Aber der Song war scharf. Bemerkenswert scharf.
Die letzten wenigen Minuten der Ruhe – bis denn Mareike mit den letzten Diensthabenden käme – genossen sie im stillen Einverständnis und lauschten Gary Brookers Gesang und der wunderbaren Hammond von Matthew Fisher.
Diese Melodie verließ seinen Kopf den ganzen Tag nicht mehr.